84 Tage, 84 Nächte und morgen ist alles vorbei, sagte gestern Nicole.
Vor 12 Wochen hatte sie sich bereit erklärt, den gerade 1 Jahr alt gewordenen Hund ihrer Freundin Julia aufzunehmen. Julias Mann ist schwer krank und Julia selbst war völlig überfordert ...
Nicole wollte helfen, einfach nur helfen, damit Julia sich auf die Pflege ihres Mannes einlassen und auch für sich selber wieder etwas Kraft schöpfen konnte.
Der Hund kam zu ihr mit dem Auto, Sonntags Nachts kam er an und ab da veränderte sich ihr Leben völlig.
Sie hat ja selbst einen Hund und wusste so eigentlich, was sie erwarten könnte.
Schon am nächsten Morgen war ihr klar, dass dies alles nicht einfach werden würde, denn der Hund war weder sauber, noch kannte er die 6 lebenswichtigen Befehle, die da lauten: “Fuss”, “Sitz”, “Platz”, “Hier”, “Aus/Pfui” und “Bleib”.
Überall waren Häufchen durch ihr Wohnzimmer verteilt, überall standen Pfützen und der Hund sprang gerade vom Wohnzimmertisch als sie in die Stube kam.
Sie stellte fest das der Hund in seinen ersten 12 Lebensmonaten nichts gelernt hatte, das einzige was er auf Anhieb konnte war: "Gib Pfötchen!"
Diese ersten Monate sind so wichtig für einen Hund, er durchlebt die sogenannte Prägephase, in der der Grundstein für sein weiteres Leben gelegt wird.
Der Mann ihrer Freundin war da aber völlig anderer Ansicht, er war der Meinung, mit einem so jungen Hund kann man noch nicht mit der Erziehung beginnen. Manchmal dachte sie, er glaubt, er hat viel Geld für den Hund bezahlt und da muss der Hund das alles auch schon von allein bringen.
Das bisherige Leben des kleinen Kerlchens spielte sich in einer 3-Raum-Wohnung, im 2. Stock ab. Wie sich herausstellte, begann die morgentliche "Gassi"-Tour des Tieres in der Küche, ging durchs Wohnzimmer und dann auf den Balkon. Dann kam eine Dame, die ihn zum spazierengehen abholte. Deren Hunde saßen in der Zeit auf dem Sofa in ihrer Wohnung und haben "Frühstücksfernsehen" geschaut.
Es war für Nicole viel Arbeit dem kleinen Kerl mit all ihrer Liebe, die Grundregeln beizubringen. Eigentlich war sie auch noch nicht fertig, aber dann kam letzte Woche der Anruf, Julias Mann war wieder auf den Beinen und wollte unbedingt seinen Hund wieder nach Hause holen, denn er hätte Termine, wie er sagte. Termin? Ja, der Hund muss zum Trimmen und dann irgendwann zu einer Ausstellung.
Nicole war entsetzt, Julias Mann kann keinen Schritt laufen, aber er will den Hund auf eine Ausstellung schaffen nur um einen Pokal zu gewinnen. Wo bleibt da eigentlich die Seele des Hundes?
Morgen nun wird der kleine Kerl wieder zurück in seine 3-Raum-Wohnung fahren. Er wird sich vielleicht an die Spaziergänge erinnern, die er mit Nicole täglich machen konnte und er wird ihre strengen Befehle nicht vergessen aber was ist das denn für ein Leben?
Sie hat versucht alles, aber auch alles dem Kerlchen mit auf den Weg zu geben, ob es reicht, das weiß sie nicht. Aber eins weiß sie sicher, sie wird nie wieder in ihrem Leben so eine Aufgabe übernehmen und sie wird auch nie wieder das Kerlchen zurück nehmen, denn es würde ihr das Herz brechen, wenn dann das Telefion klingelt ...
12 Wochen, 84 Nächte, 84 Tage und morgen ist alles vorbei ...
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