Meine Tochter
kam eher aus der Schule und erzählte mir, das sie Ausfall hatten, weil
die Englischlehrerin heimgeschickt worden war. Heimgeschickt? fragte
ich, ja sagte sie, die Lehrerin hat wohl in einer anderen Klasse den
Unterricht geschmissen, weil sie getrunken hatte und die Schüler es
bemerkten ...
Ein Alkoholproblem, die K.? Wir kennen die Lehrerin
persönlich ... und ich muss sagen, wir hatten davon noch nie etwas
mitbekommen...
Also rief ich ihren Mann an und er erzählte mir dann das ganze Dilemma:
K.
trinkt schon lange, es gab immer wieder Situationen bei denen es für
sie einfach nicht mehr auszuhalten war und sie dann irgendwie zur
Flasche greifen musste.
Er ist vollkommen hilflos, weil er mit
ihr darüber nicht reden kann, sie streitet alles ab, sie sagt, sie hat
kein Problem und lehnt jede Hilfe aus welcher Richtung auch immer ab.
Er
steht zu ihr, aber er sagt auch, er weiß nicht mehr wie lange er das
noch aushalten kann, seine Gesundheit leidet sehr darunter...
K.´s
eigene Gesundheit ist wohl am Ende... die Leber macht nicht mehr mit,
die Kinder der Beiden wenden sich ab, ja und wir, wir stehen dabei und
wissen nicht was wir tun können. Irgendwie komme ich mir wie eine
Lügnerin vor, weil ich nun von dem Problem weiß und es totschweige,
weil ich Angst davor habe wenn wir es ansprechen, das unsere
Freundschaft vielleicht daran zerbricht.
Für mich ist Alkohol ein
Ding mit dem ich nicht umgehe. Meine Mutter sagt immer das liegt an
einem Vorfall aus meiner frühesten Kindheit, ich lag im Kinderwagen vor
einem Geschäft in dem sie einkaufen war und ein betrunkener Mann kam an
den Wagen und muss mich zutiefst erschreckt haben, ich habe so gebrüllt
sagt sie, das sie mich kaum beruhigen konnte.
Ein paar Jahre
später, ich war vielleicht 5 oder 6, war ich zu Besuch bei einer
Schwester meines Großvaters, ich fand sie eigentlich sehr nett, aber
auch irgendwie eigenartig... meine Oma sagte dann, als ich ihr von
meinen eindrücken erzählte, das sie sicher wieder getrunken habe, weil
sie mit ihrem Leben unszufrieden sei...
Ein paar Wochen später hatte sich die Tante umgebracht.
Mit
18 zur Disko gab es natürlich Alkohol, ich trank mit weil alle tranken
und es irgendwie uncool war wenn man nur bei Orangensaft den Abend
verbringen wollte.
Mit 20 mussten mich eines Nachts, nach so einem
Disko-Besuch, meine Freundinnen nach Hause schaffen und ich seh mich
noch heute vor der Toilette knien und meine Mutter kam dazu....
Ich glaube das war für mich der ausschlaggebende Punkt, das ich mir sagte, soetwas willst du nie wieder erleben.
Ich
trinke seit dem eigentlich keinen Tropfen... weder zu Feierlichkeiten,
noch stoße ich zu Silvester mit Sekt an... Ich muss auch sagen das es
mir nicht schmeckt, kein Wein, kein Sekt, kein Likör.
Unsere
Freunde können das manchmal irgendwie nicht verstehen und dann und wann
heisst es, ach Mari, hab dich nicht so, kannst doch mal probieren...,
wir haben den Baileys extra für dich gekauft, du hast den doch schonmal
getrunken...
Ich habe sogar mal eine Liter-Flasche zum Geburtstag
geschenkt bekommen..., den hat mein Mann dann nach 2 Jahren
weggeschüttet...
Warum ich diesen Artikel schreibe?
Nun, ich weiß sie liest hier mit ...
Ich
hoffe irgendwie das sie verstehen kann was ich fühle und ich wünsche
mir so sehr das sie irgendwas von dem angeprochenen in sich aufnehmen
kann und versucht endlich ihren Weg aus der Abhängigkeit zu gehen.
Ich
kann mir nicht vorstellen, das es ihr Ziel sein kann, am Ende bei den
Kindern in der Schule dazustehen, als die Lehrerin, welche sich tot
gesoffen hat.
Ich kann mir nicht vorstellen, das sie am Ende möchte,
das ihr Mann irgendwann sagen muss: Meine Frau hat mich verlassen, sie
hat sich tot gesoffen.
Ich kann mir nicht vorstellen, das sie hier
jemals den Satz lesen möchte: Meine Freundin hat sich heute den letzten
Schluck gegeben - !
Mari
(Nachtrag: diese Geschichte ist an
manchen Stellen frei erfunden - ich wollte sie aber schon seit längerem
einfach einmal aufgeschrieben haben ... - vielleicht reden wir ja
darüber?)
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