John Maynard ist der Titel einer Ballade von Theodor Fontane, die von einem Schiffsunglück auf dem amerikanischen Eriesee nahe Buffalo im US-Bundesstaat New York handelt. Im Gedicht rettet der gleichnamige Steuermann das Leben vieler Passagiere, indem er während eines Brandes auf dem Schiff am Steuer bleibt, bis das Schiff an Land gebracht ist; dabei kommt er selbst ums Leben.
Das Gedicht beruht auf einer wahren Begebenheit am 9. August 1841, von der Fontane in der Zeitung gelesen hatte; allerdings hieß der Steuermann in Wirklichkeit nicht John Maynard (Maynard ist in Wirklichkeit auch ein Vorname, kein Nachname), sondern Luther Fuller. Er starb auch nicht wirklich dabei, sondern überlebte mit schweren Verbrennungen. Auch sonst unterscheidet sich der wahre Verlauf in einigen Details von dem Gedicht. Bei dem Unglück starben ca. 250 Menschen, darunter einige Schweizer und deutsche Auswanderer.
Da sich die Gestalt des John Maynard fest eingebürgert hat, suchen viele deutsche Besucher in Buffalo (vor allem aus Dortmund, die Partnerstadt von Buffalo) nach dem im Gedicht beschriebenen Grabstein, und sind ganz enttäuscht, dass den dort keiner kennt. Um weitere Enttäuschungen zu ersparen hat daher die Städtepartnerschaft 1997 eine Tafel in Buffalo errichten lassen, die an die Legende von John Maynard und an das Gedicht erinnert. gelesen bei Wikipidia
John Maynard
von Theodor Fontane, 1885
"Wer ist John Maynard?"Â Â
    Â
"John Maynard war unser Steuermann,
Aus hielt er, bis er das Ufer gewann,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."Â
    Â
Die "Schwalbe" fliegt über den Erie-See,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee;
Von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
Die Herzen aber sind frei und froh,
Und die Passagiere mit Kindern und Fraun
Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
Und plaudernd an John Maynard heran
Tritt alles: "Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
"Noch dreißig Minuten ... Halbe Stund."
Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -
Da klingt's aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
"Feuer!" war es, was da klang,
Ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
Ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.Â
    Â
Und die Passagiere, bunt gemengt,
Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
Am Steuer aber lagert sich´s dicht,
Und ein Jammern wird laut: "Wo sind wir? wo?"
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. - Â
    Â
Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
Der Kapitän nach dem Steuer späht,
Er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
Aber durchs Sprachrohr fragt er an:
"Noch da, John Maynard?"
"Ja,Herr. Ich bin."Â Â
    Â
"Auf den Strand! In die Brandung!"
"Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: "Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo. - -Â Â
    Â
"Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
Mit ersterbender Stimme: "Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
Jagt er die "Schwalbe" mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo! Â
    Â
Alle Glocken gehn; ihre Töne schwell'n
Himmelan aus Kirchen und Kapell'n,
Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
Ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
Und kein Aug' im Zuge, das tränenleer.Â
    Â
Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
Mit Blumen schließen sie das Grab,
Und mit goldner Schrift in den Marmorstein
Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:
"Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
Hielt er das Steuer fest in der Hand,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."
Kommentare