VINETA - versunkene Stadt ... |
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... Das Strafgericht des Himmels sollte denn auch nicht
ausbleiben ...
Es
war an einem Karfreitag. Wieder hatten die Glocken vergebens zu den Kirchen
gerufen, nur wenige waren dem Rufe gefolgt und diese schwerlich aus dem inneren
Drange, an diesem ernsten Feiertage Buße zu tun.
Ein Feiertag war es freilich auch für die Leute von Vineta, aber sie feierten
ihn in Saus und Braus bei festlichen Gelagen.
Da sah denn auch niemand die außergewöhnlich bedrohlichen Anzeichen in der
Natur, als höchstens etwa ein paar arme Fischer, die gewohnt waren, das Wetter
zu beobachten. Und gar schlimme Anzeichen waren es. Angstvoll flatterten die
Möwen über dem Meere und unheimlich krächzten die Raben und Krähen in den
Waldbäumen. Ein ängstliches, bedrückendes Brüten hing über der Erde, und die
Brust vermochte nur mühsam zu atmen.
Da, gegen Mittag erhob sich ein Sturm aus Nordost, der von Minute zu Minute an
Heftigkeit zunahm. Mit donnerndem Brausen brandeten die Wogen gegen die
Hafendämme und die Dünenwände, bald schlugen sie darüber hinweg und der salzige
Schwall ergoss sich über die Umgebung der Stadt.
Im
Walde
brachen die dicken Stämme wie Reisig, nachtschwarz überzog sich der Himmel und
es wurde finster wie am Abend. Aus den schwarzen Wolken prasselte der Hagel und
goss der Regen in Strömen. Immer höher schwollen die Wogen, bald war die ganze
Gegend nur noch ein unübersehbarer See und das Wasser drang durch die Tore in
die Stadt ein. Da freilich scholl ein Angstruf durch die Straßen, und die
Festgelage wurden jäh unterbrochen.
Plötzlich dröhnte ein ein gewaltiges Donnern durch Sturm und Wolkenbrausen, man
wußte nicht, tönte es vom Himmel herab oder aus der Erde herauf. Aber gleich
darauf öffnete sich ein breiter Erdspalt vom Meere bis tief in den Wald hinein;
ein teil der Mauer, Häuser, die Hafendämme stürzten ein, und alles begruben die
nun durch den Spalt übermächtig hereindringenden Wassermassen. Da war an keine
Rettung mehr zu denken, um so weniger, da der Sturm die ganze Nacht und den
ganzen folgenden Tag mit gleicher Furchtbarkeit fortwütete.
Und
als der Ostermorgen tagte und die Wut der Elemente sich endlich zu legen begann,
da war Vineta vom Erdboden verschwunden und wo es gestanden in Pracht und
Üppigkeit, umgeben von herrlichen Wäldern und fruchtbaren Wiesen, da flutete und
schäumte nun das ewige Meer...
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