vier Jahre später - 2005

2004Nach der 10. Klasse wollte sie ihr Fachabitur machen, was wir sehr unterstützt haben, einen Beruf zu finden ohne Abitur ist sicher schwerer als eben mit... Sie dachte immer das wir sie noch nicht in die weite Welt ziehen lassen wollten. Ja sicher war das auch ein Grund, aber hauptsächlich lag uns ihre Ausbildung am Herzen.
 
Im Dezember 2004 lernte sie einen jungen Mann über das Internet kennen, der in Krefeld lebt. Als sie im Februar in die Ferien zu ihm fuhr, hätte mir müssen schon klar sein, das es Veränderungen geben wird. Sie war nun 18 Jahre alt und für sie war der Zeitpunkt gekommen, das sie weg wollte aus diesem "Dorf" hier. Sie kam nach den 2 Wochen aus den Ferien wieder und sagte: "Eigentlich wollte ich nicht zurück kommen." Es gab eine heiße Diskussion, das sie erst diese Schule beenden sollte. Es war ja eigentlich nur noch ein knappes halbes Jahr, das sie überstehen musste.
2005
Am Donnerstag, dem 24. März 2005, 06:51 steht in meinem Tagebuch folgendes:

Plötzlich ist er da, der Moment ... den ich immer weit von mir geschoben habe ... der aber irgendwann kommen musste.
Vorgestern sagt mein Kind: Mama übermorgen zieh ich weg... ich breche das Abi ab und versuche es woanders noch mal neu.... es soll besser werden als es jetzt ist.

Wir sind aus allen Wolken gefallen und ganz hart hier unten aufgeschlagen... Es gibt Tränen ohne Ende ... weil man sich Sorgen macht ... - Loslassen .... ist einfach gesagt, wenn man nicht mal weiß wohin ich loslasse .... in welche Richtung... in welche Zukunft... es ist so einfach zu sagen, aber ein Mutterherz wird nie loslassen ...

Morgen früh fliegt sie - und ich kann nichts mehr dagegen tun und sie wird so schnell nicht wiederkommen.

Mama, ich habe euch doch lieb und ich bin nicht aus der Welt, sagt sie und doch sind es 500 km die ich nicht einfach mal so auf einen Sprung vorbei kommen kann. Sie sieht alles in schillernden Farben... und wir sitzen hier und wissen nicht, wie es weiter gehen soll ...

Am nächsten Morgen habe ich ihr dieses Gedicht geschrieben:

für Cindy
es wird mir fehlen

es wird mir fehlen
dieses "Morgen"
dieses Küsschen
das ich danach bekam.

es wird mir fehlen
dieses "Mama,
komm nimm mich noch mal
in den Arm".

sie werden mir fehlen
diese leisen Schritte
die manchmal tappen
durch das Haus.

die blauen Augen,
sie werden mir fehlen
und auch dein lächeln
zieht heute aus.

es tut so weh
dir zu zusehen
wie du die Taschen packst
für eine lange Zeit.

ich komm doch wieder
sagst du leise
warum nur ist mein Glaube
nicht dafür bereit...

tieftraurig fahre ich dich
zum Flieger
mit Tränen die bitten
verlass uns nicht....

du wirst uns fehlen
und es fällt mir so schwer
das Abschiedslächeln
für mein Gesicht....

deine Mama

Mari - 25.03.2005 - 05:30

Ja und seit dem ist hier alles anders... Sie hat eine Schule gefunden an der sie die 12. Klasse nun noch einmal wiederholt. Sie ist glücklich mit diesem Leben, das sie sich ausgesucht hat. Und wir, wir sitzen hier 600 km entfernt und müssen damit zurecht kommen. Es hat sich viel verändert. Oft kommen mir Abends wenn die Ruhe einzieht, die Tränen. Ich habe einfach so schnell damit noch nicht gerechnet, nach meiner Rechnung hatten wir ja noch Zeit...

Was soll ich sagen, so plötzlich wie sie auf die Welt damals kam vor 18. Jahren, so plötzlich ist sie von zu Hause ausgezogen. Es zieht sich irgendwie wie ein roter Faden durch ihr Leben. Vielleicht funktioniert das Leben ja so ... ich weiß es nicht.

Ich weiß nur das ich diese Homepage angefangen habe um mir das alles von der Seele zu schreiben. Um endlich mein eigenes Lächeln wieder ins Gesicht zu bekommen. Wie es weiter geht ... wir werden es sehen ...

Mari - im September 2005