ein Haus im Wald

Schon 1996 schrieb ich diese Gedanken auf, um sie irgendwann einmal unserer Tochter zu hinterlassen, es sollte die Geschichte zu unserem Haus werden... Ich habe es nicht für heute umgeschrieben, es steht einfach so da, wie ich damals die Worte fand...

21.11.1996 - Fragmente - Wir hatten einen Traum

Schon immer wollte ich ein Haus im Wald.
Ohne Lärm, Gestank, Autos und vielen Leute, eigentlich ganz für mich allein und natürlich für meine Familie.
Der Traum von Vielen.
Vielleicht würde ich mich ganz allein auch fürchten, aber Wald muss sein.

1996Ich bin jetzt 35 und habe eine 9 jährige Tochter, Cindy.
Seit 1992 leben wir mit meinem Mann getrennt.
Andi arbeitet in einer anderen Stadt ca.130 km von zu Hause, das bedeutet Wochenend-Ehe.
Wir sind zwar schon 10 Jahre verheiratet, ich sage aber immer, davon haben wir nur die Hälfte miteinander verbracht. Das hält die Liebe jung. Sagt man !?
Unsere Telefonrechnung ist utopisch hoch aber ich glaube ich habe mich daran gewöhnt.

G e w ö h n t ist doof, wir haben uns arrangiert, jeder lebt sein Leben und am Wochenende geht es in Familie. Wir haben uns aber auch verschieden weiter entwickelt und manchmal knallen die Türen, laufen die Tränen und trotzdem ist noch Liebe da. Immer noch die große Liebe wie am Anfang.
Bei mir.

So weit, so gut, da war der Traum vom eigenen Haus.
Raus aus der Platte, raus aus der Stadt.

Man wird älter und vielleicht anfälliger für die schönen Dinge. Mit 33 lernt man auch kennen wie es ist, wenn einer stirbt den man gern gehabt hat. Irgendwann hat es angefangen wichtig für mich zu sein, zu sehen wie die Natur sich verändert, wie es schön ist auf dieser Welt zu leben und wie wir eigentlich froh sein können gesund zu sein.
Da sind die Wolken an manchen Tagen wie in Irland.
Blauer Himmel, große weiße Wolkenberge und Sonne.
Jedes Wochenende sind wir wandern gegangen.
Raus aus der Stadt.

Jedes Wochenende habe ich aber auch alle Zeitungen gelesen und Anzeigen mit Häusern studiert.
Möglich war alles, nur das nötige Kleingeld hat gefehlt.

Und dann im Oktober 1995 las Andi in der Zeitung eine kleine Anzeige:
Gelegenheit! Doppelhaushälfte auf Waldgrundstück, 600 qm für 325.000 DM
in KB.
Ich hatte es auch gelesen aber nicht für voll genommen. Waldgrundstück! Das ist doch schon weg bevor die Zeitung in Druck geht! Dachte ich.

Ruf an!
Der Mann der dieses Grundstück bearbeitet, war nicht da. Nächste Woche ruft er zurück. Die Hoffnung wird kleiner, was soll da noch werden.
Waldgrundstück.

Und dann der Anruf.
Das Gespräch war nett, wir waren gespannt und sind am nächsten Wochenende auch gleich losgefahren und haben uns das Grundstück angeschaut. Super, Waldgrundstück 1200 qm, eine kleines Gartenhäuschen stand da, versteckt hinter einer großen Kiefer.
Ich habe mittlerweile gelernt, was Kiefern, Fichten und Tannen sind.
Stadtkinder.

Im November kam dann der Anruf mit der Frage, ob wir das Haus auch alleine haben wollen. Die Firma brauchte sicher Geld. Wir wissen es nicht.
Ich habe hoch gepokert und gesagt: "Wenn der Preis stimmt!" Mir war ganz heiß und ich dachte: vorbei, das können wir nie bezahlen.

Mein Andi hat den Preis dann stimmend gemacht. Er war in seinem Element, verhandeln, der typische Verkäufer. Und dann war es soweit, am 12.01.1996 haben wir beim Notar den Kaufvertrag für das Grundstück unterschrieben. Er stellte fest das ein Kaufvertrag in Verbindung mit der Option auch ein Haus darauf zu bauen unrecht ist und so sind wir "nur" stolze Grundstücksbesitzer geworden.

Als erstes kam der Gedanke, das Häuschen und der riesengroße Baum die da standen müssen weg. Damit Platz für das neue Haus wird. Dann dachten wir, den Sommer über kann es ja noch stehen bleiben. Bis wir auf die Idee mit dem Gästehaus kamen.

Also wurde das Häuschen vorgerichtet und jedes, wirklich jedes Wochenende ging es nach Köbrü, wie Cindy immer sagt.
Freitags hin, Sonntags zurück. Es war jedes Mal wie Urlaub. Ich lernte diesen großen Baum lieben.
Wald, Vögel, Spaziergänge zum See, Erholung, Gartenarbeit.
Gartenarbeit.

Ich hatte keine Ahnung bis dahin und auch keine Lust, als Kind im Garten meiner Eltern Unkraut zupfen, langweilig.
Plötzlich hat es Spaß gemacht. Ich habe Gartenzeitungen gelesen, Pflanzen gekauft. Ein Heidegarten soll es werden mit Rhododendren.

Und nun das Haus. Was wollen wir bauen. Da gibt es Fertighäuser, ich habe bestimmt 100 gesehen. Toll eingerichtet, tolle Preise. Wir sind nicht reich, nur gut verdienend.
Man lebt und spart. Wir konnten auch erst nach der Wende anfangen, so richtig zu sparen. Vorher war das Geld ständig alle.

Egal, Fertighäuser, wir haben immer die Klopfprobe gemacht und irgendwann wollten wir kein Holzhaus mehr haben.
Stein auf Stein ist besser, hält länger, ist auch später sein Geld noch Wert. Wir dachten so, andere denken anders. Deren Meinung.
Andi hat bei seiner Arbeit ständig Kontakt mit Leuten, die was davon verstehen, wir waren ja total ahnungslos. Da war der Ingenieur Alfred, der kannte sich aus, hat auch sofort ein Haus entworfen.

Wir waren begeistert.
Er kannte auch die Architektin Astrid und die Baufirma.
Dann kam die Idee mit der Einliegerwohnung. Spart Geld, es gab Fördermittel, meine Eltern gehen noch arbeiten, also wurden meine Schwiegereltern gefragt.
Sie waren begeistert.
Was daraus mal wird, ich weiß es noch nicht.
Alt und Jung geht nicht gut. Sagt man.
Manchmal bin ich ängstlich, ältere Menschen verändern sich, und ich kann meine Gefühle nicht so zeigen, dann bin ich böse und zornig, dann kracht es.
Andi meint für später und so. Ich lebe eigentlich jetzt.
Aber er denkt an uns und wenn wir mal alt sind.
Also, Augen zu und durch und es wird schon werden.

Baufirma, nette Leute, reden viel. Er will das Haus bauen zu einem guten Preis.
Andi verhandelt wieder.

Im Februar Anträge. Ämter. Baugenehmigung. Warten.
Wir wollen Weihnachten einziehen.

Plötzlich, Alfred sitzt im Knast! Ach du lieber Himmel, mit so etwas hatten wir noch nie zu tun.
Hochstapler, Schulden, wer weiß.

Dann der Anruf von der Baufirma, er kann nicht bauen für das geplante Geld.
Lieber vorher als während des Baues. Man hört von so vielen Baufirmen die in Konkurs gehen.

Neue Firma suchen. Ich kenn' den, du kennst den.
Dann ruft die Architektin Susanne an, neue Hoffnung, sie hat auch eine Baufirma an der Hand. Sie stellt fest, das unsere Pläne nicht stimmen, die Architektin Astrid hat Mist gebaut.
Neue Ideen für das Haus kommen, wir haben nach langem hin und her die Lösung gefunden. Glauben wir.
Beim 2. Haus wird alles anders. In Irland?

Juni. Baugenehmigung. Warten.
Im Urlaub im Juli sucht Andi Elektriker, Klempner usw. verhandelt, spricht, verhandelt.
Ich bewundere ihn. Er weiß alles.

Im September geht es endlich los. Baubeginn. Nach 4 Wochen ist Richtfest, da sind auch alle Genehmigungen endlich da.

Am 31.10.1996 soll das Haus fertig sein.
Wir sind begeistert und stolz. Unser Haus.

Ärger fängt an. Ich glaube manchmal, es wird zuviel.
Andi liegt nur noch auf der Straße. Arbeit - Haus - Familie.
Auf meine Frage, wo er zu Hause ist, sagt er, im Auto.
Er sieht schlecht aus. Ich mache mir Sorgen, er ist genervt.

Tränen heimlich.

Zum Richtfest ist die Baufirma pleite. Der Baumann eröffnet eine neue Firma und macht weiter.

Freitags fahren wir immer noch nach Köbrü und schauen, wie weit der Baufortschritt ist und Montags fährt Andi wieder hin und klärt alle offenen Fragen und Probleme.
Baubesprechung: Fußbodenheizung rein, Fließestrich rein; Fließestrich aus dem Wohnzimmer wieder raus, Heizung wieder raus.
Alles von vorn, alles neu.
Wird es noch fertig?

Jetzt ist November, das Haus steht, ist 1 mal verputzt und die Heizung läuft schon.
Ein ganz klein wenig haben wir noch Hoffnung im Dezember einzuziehen.
Aber den Termin hat die Baufirma nicht geschafft. Jetzt sind schon 3 Wochen Verzug und wer weiß was noch kommt? ...

Ein halbes Jahr später...

Heute habe ich endlich im Computer diese Datei wieder eröffnen können.
Heute ist der 08. Mai 1997, also 6 Monate später. Es ist viel passiert seit dem letzten Mal.
Die Baufirma hat es geschafft. Im Dezember haben Andi, Willi und Jens wie die Teufel geschuftet und vorgerichtet, gefliest, Fußboden verlegt.
Einen Tag bevor wir einziehen wollten, kam die neue Küche.
Es war der 20. Dezember und bitter kalt.
Ich hatte zu Hause alles in Kartons gepackt. Erst waren 40 Kisten voll, dann noch einmal 40 und dann noch 10.
Eigentlich wurde es immer mehr was eingepackt werden wollte. Mein Papa hat mir am Ende geholfen und dann sind wir noch Abends nach Köbrü im stärksten Flockenwirbel gefahren, gefahren? mehr gerutscht. Es waren minus 20 Grad.
Als wir ankamen sah es chaotisch aus. Ich wollte den Möbelwagen schon wieder abbestellen.
Im Hausflur lag der Fliesenleger im Dreck auf der Erde und schnitt ununterbrochen Fliesen um sie zu verlegen. Im Bad war Willi am fliesen - schon zum zweiten Mal, weil er irgendwie immer schief am Ende ankam... in der Küche standen die Küchenmonteure und die Klempner sprangen auch noch dazwischen rum.

Der Klempnermeister dachte immer noch, ich mache einen Scherz, wenn ich sagte, das wir morgen einziehen wollen. Er hat glaub ich, gedacht ich sei verrückt.

Dann haben mich meine Eltern wieder nach Hause gefahren. Andi meinte es wird alles gut und wenn er es schafft, ist er morgen früh beim Umzug dabei.

Am 21.12.1996 sollte es dann so weit sein. Der Möbelwagen kam aber nicht. Es hatte in der Nacht wieder 20 Grad minus gegeben und daher war der Außenaufzug gefroren und ließ sich nicht bedienen.

Gegen 10.00 Uhr kamen die ersten 2 Männer und haben sich mein Umzugsgut angesehen: 6. Etage mit Wendeltreppe ohne Fahrstuhl!
Andi musste wieder los, die Männer auch und dann kamen insgesamt 5 Mann und haben mir meine ganze Wohnung ausgeräumt.
Stück für Stück haben sie auf dem Rücken nach unten getragen.
Es war hufkalt und die Nerven lagen auch manchmal blank.

Aber am Ende war alles aus meiner Wohnung raus und im Umzugswagen verstaut. 19.00 Uhr sind wir losgefahren. Da hatte ich gleich noch den kleinen Unfall. Kreuzung, glatt, Eis, gerutscht und das Auto vor mir stand im Weg. Ich konnte einfach nicht anhalten. Gott sei Dank war nichts passiert.
Ein Umzugsmann hat mich dann gefahren, ich war ganz froh.
In Köbrü angekommen, die Handwerker waren wirklich fertig geworden, sind wir tatsächlich noch in dieser Nacht eingezogen.

So hatte sich also am 21.12.1996 ein Traum erfüllt, unser Traum...

sie war 14